HR Servitization – schon wieder so ein Buzzword? Ja, ein wenig. Primär geht es aber darum, Inspiration für einen spezifischen HR-Bereich, der oft leidet – die HR-Administration – in einem anderen Umfeld zu suchen. Manche sprechen auch von HR Services, einem Shared Service Center, HR Service Center oder HR Operations. Es geht um den eigentlichen Engine Room des HR, also Administration, Payroll und Zeitwirtschaft. Nachfolgend soll vertieft werden, wie man mit dem Servitization-Gedanken Führungskräfte und Mitarbeitende zu HR-Admin-Fans machen kann.
Unzufriedene Kunden und unzufriedenes HR
Viele HR-Kunden – Vorgesetzte und Mitarbeitende – würden ihrer HR-Admin-Abteilung keine 5-Sterne-Bewertung geben. Eine Studie von Haufe zeigt, dass gerade die transaktionalen, eher adminlastigen HR-Tätigkeiten nicht aussergewöhnlich bewertet werden (siehe Graphik unten).
Dazu kommt die Tatsache, dass in vielen HR-Admin-Abteilungen der Frust sehr hoch ist. Es gibt wahnsinnig viel zu tun, und oft sind es sehr repetitive Fleissaufgaben. Die Fluktuation in diesen Bereichen ist häufig überdurchschnittlich hoch, was zu einem grossen Know-how-Verlust führt. Als HR-Fachkraft befindet man sich zudem immer im Dilemma zwischen Standardisierung und Effizienz einerseits und Kundenorientierung sowie individueller Behandlung von Personen andererseits. Weder die HR-Kunden sind damit zufrieden, noch das HR selbst.
Die Basis sicherstellen
Was also tun? Die Grundlage ist es, die Basis der HR-Administration sicherzustellen. Dazu gehören folgende vier Bereiche: Strategie, Prozesse, Organisation und Digitalisierung.
- Strategie: Die meisten wollen in ihrem Servicebereich die Ziele «günstig», «schnell» und «gut» erreichen. Leider schliessen sich die drei jedoch gegenseitig aus. Wer günstig und schnell sein will, muss Standards einführen. Für Führungskräfte sind Standards aber nicht immer gut und der Serviceaspekt leidet aus ihrer Sicht. Daher ist es wichtig, vorher klar im Einklang mit der Unternehmensstrategie und in Abstimmung mit allen Stakeholdern festzulegen, was die Strategie für den HR-Admin-Bereich ist.
- Prozesse: Das Herzstück sind die HR-Prozesse. Wichtig ist es, einen Überblick zu haben, welche Prozesse es gibt, wie oft diese durchgeführt werden und wie komplex sie sind. Anschliessend kann man diese Prozesse in Abstimmung mit den Digitalisierungsmöglichkeiten vereinfachen. Mehr dazu in unserem Fachartikel zu intelligenten HR-Prozessen . Weitere Stichworte in diesem Bereich sind SLAs, Qualitätsmessung, Standardisierung, Reglemente/Weisungen etc.
- Organisation: Das zweite Herzstück sind die HR-Mitarbeitenden. Die Herausforderung bei HR-Admin-Themen ist, dass diese selten nur die HR-Admin-Organisation betreffen, sondern auch HR Business Partner oder Kompetenzzentren. Hier sind eine klare Rollendefinition und das Routing von Anfragen enorm wichtig. Ein weiterer Aspekt der Organisation sind die Fähigkeiten und auch Wünsche im HR-Admin-Team. Geht man in Richtung Spezialist:innen oder Generalist:innen?
- Digitalisierung: Zuletzt, aber nicht minder wichtig, ist die Technologie. Hier sind folgende Fragen zu klären: Gibt es Employee und Manager Self Service (ESS/MSS)? Wie erreicht man alle Mitarbeitenden, auch jene ohne Computerzugriff? Wo gehen Mitarbeitende als Erstes hin, wenn sie eine Frage haben? Ist eine HR-Plattform vorhanden? Welche Medienbrüche gibt es in den Prozessen?
Sind all diese Fragen beantwortet? Dann sind die Hygienefaktoren für eine gesunde HR-Administration erfüllt. Aber wir wollen ja eine 5-Sterne-Bewertung.
Produktionsunternehmen als Inspiration
Dafür sollen auch andere Bereiche ausserhalb des HR als Inspiration dienen. Der Servitization-Gedanke stammt ursprünglich aus der Branche der produzierenden Unternehmen. Dort werden nicht nur Sachgüter, sondern Sachgüter in Kombination mit Dienstleistungen angeboten. Das klassische Beispiel ist Rolls Royce: Sie verkaufen nicht mehr nur Triebwerke an Flugzeugbauer, sondern bieten diese im Leasing an. Rolls Royce bleibt Eigentümer und übernimmt auch Wartung und Reparatur. Die Kunden bezahlen pro Betriebsstunde des Gerätes.
Abstrahiert bedeutet dies einen Paradigmenwechsel im Erwerb von Sachgütern: Eine Kundin will nicht die Kaffeemaschine, sondern einen schönen Kaffee, den sie mit der Zeitung am Morgen geniesst oder mit dem sie sich gemütlich mit einem Buch hinsetzt. Sie will ein Gefühl, ein Erlebnis.
Bei HR Servitization ist das Ziel, dass das HR seinen Stakeholdern ein solch positives Dienstleistungserlebnis im Umgang mit der HR-Administration schafft (siehe Graphik unten).
Wie kommt HR-Admin nun zur 5-Sterne-Bewertung?
Überträgt man den Servitization-Gedanken auf das HR, wollen Mitarbeitende nicht nur einen Arbeitsvertrag, sondern ein Anstellungsverhältnis, in dem sie sich wohlfühlen. Es geht also nicht nur um das Produkt, das vorgängig mit den Parametern Strategie, Prozesse, Organisation und Digitalisierung sichergestellt wurde, sondern auch um die Lösung, die den Mitarbeitenden angeboten wird.
Bleiben wir beim Beispiel Anstellungsvertrag: Traditionell designt man den Prozess aus Sicht des HR (was braucht das HR?) und sieht ihn als pure Transaktion (Vertrag senden), die einen Wert schafft, der tangibel ist (Dokumente und Weisungen). Geht man jedoch vom Servitization-Gedanken aus, geht es um die Lösung eines Bedürfnisses aus Sicht der Mitarbeitenden. Anstatt der puren Transaktion geht es darum, Beziehungen aufzubauen, und Wert entsteht durch das, was intangibel ist – nämlich Emotionen.
In der traditionellen Welt würde man der neuen Mitarbeitenden den Arbeitsvertrag zusammen mit den Anstellungsbedingungen, dem Stammdatenblatt und weiteren relevanten Informationen senden. Würde dich das emotional packen? Dass es auch anders geht, zeigt zum Beispiel das Unternehmen Gevekom: Sie legen ihrem Arbeitsvertrag Süssigkeiten und eine handgeschriebene Karte bei . Es könnte auch eine andere Kleinigkeit sein, wie ein Foto des HR-Teams unter dem Begleitschreiben des Vertrags.
Aber nicht nur beim Prozess «Eintritt» lässt sich der Servitization-Gedanke umsetzen. Warum nicht beim Krankmeldungsformular als ersten Satz schreiben: «Es tut uns sehr leid, dass es dir nicht gut geht, und wir wünschen dir von Herzen gute Besserung!»?
Wir sind Servitization-Fans
An diesen Beispielen zeigt sich, dass der Gedanke hinter HR Servitization nichts bahnbrechend Neues ist. Es geht vielmehr darum, Mitarbeitende konsequent ins Zentrum der HR-Admin-Prozesse zu stellen. Das bedeutet nicht, dass Prozesse dadurch komplexer werden müssen – oft reichen Kleinigkeiten, wie eine freundliche Formulierung oder eine persönliche Note, um den Mitarbeitenden das Gefühl zu geben, dass sie einen Service mit Herz erhalten und nicht einfach ein Prozess abgearbeitet wird. Was es dazu braucht, ist die Zeit, sich Gedanken über Servitization machen zu können. Gefangen im täglichen Hamsterrad mit dem Druck von Deadlines wie einem Lohnlauf oder gesetzlichen Fristen im Nacken, ist es jedoch schwierig, sich diese Zeit zu nehmen. Deshalb die klare Empfehlung: Zuerst die Basis-Parameter sicherstellen. Dadurch wird HR Admin zufrieden, gewinnt Luft und Zeit. Wenn man dann nicht nur funktionierende, sondern auch begeisternde Prozesse hat, sind auch die Mitarbeitenden happy – und vergeben 5 Sterne.
HR Servitization
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