Wenn es um das Thema Digitalisierungsprojekte geht, scheiden sich die Geister. Einige sehen sie als unvermeidlichen Schritt in Richtung Effizienzsteigerung und Zukunftssicherheit, während andere Bedenken hinsichtlich Komplexität, Kosten und möglicher Widerstände innerhalb der Organisation haben. Nach 10'000 erfolgreich durchgeführten Projekten möchten wir in unserem Jubiläumsjahr eine Bilanz ziehen und über die häufigsten Stolpersteine sowie unsere wichtigsten Learnings sprechen. Andreas Loser, der seit über 10 Jahren als Projektleiter und SuccessFactors Consultant Digitalisierungsprojekte betreut, teilt in diesem Fachartikel seine Erfahrung. Er nennt die sechs wichtigsten Punkte, die du bei einem anstehenden Projekt berücksichtigen solltest.
Die Berater:innen von HR Campus haben zahlreiche HR-Abteilungen und HR-Prozesse digitalisiert – über 10'000 erfolgreiche Projekte sprechen für sich. Natürlich gab es auch Projekte, die nicht reibungslos verliefen und bei denen bedeutende Hürden überwunden werden mussten.
Auch wenn die Gründe für die aufgetretenen Schwierigkeiten vielfältig sind, lassen sie sich dennoch folgenden sechs Punkten zuordnen:
1) Wir wollen nur den Standard! – not…
Viele Softwareanbieter oder Implementierungspartner bieten Best Practice-Prozesse und Konfigurationen an, die es dir ermöglichen, schnell und kostengünstig ein neues HR-System zu implementieren. Klar ist jedoch, dass diese Best Practices immer in einer Fit-Gap-Analyse mit deinen aktuellen Prozessen abgeglichen und gegebenenfalls im System angepasst werden müssen. Dies sollte keinesfalls nur als Alibi-Übung betrachtet werden. Es wird nur dann effektiv sein, wenn der Wille zur Standardisierung vorhanden ist.
Schliesslich entstehen Best Practices nicht im luftleeren Raum, sondern basieren auf den Erfahrungen aus unzähligen HR-Digitalisierungsprojekten. Du solltest dir daher bei jeder Abweichung vom Standard die Frage stellen: Ist diese Abweichung wirklich notwendig?
2) Einen schlechten analogen zu einem schlechten digitalen Prozess machen
Die Einführung eines neuen HR-Systems ist immer eine Chance, Bestehendes zu hinterfragen. Auch wenn es nicht das Ziel ist, alles neu zu definieren, wird die Gelegenheit oft verpasst, ineffiziente Prozesse anzupacken und Altlasten abzuwerfen. Häufig wird der Weg des geringsten Widerstands gewählt, indem das Bestehende im neuen System einfach wieder abgebildet wird. Wenn du die Chance nutzt und dich mit deinen Altlasten befasst, kann das Projekt einen grossen Gewinn bringen.
3) There’s no such thing as an easy integration
Sei dir bewusst: Viele Systeme konsumieren Personalstammdaten und du verwaltest die Hauptquelle. Plane genügend Zeit und Budget ein, um das neue HR-System mit seinen Umsystemen zu verbinden. Je nach System kann dies schnell komplex und teuer werden. Leider wird dieser Teil des Projekts oft unterschätzt. Evaluier eine Schnittstelle daher sorgfältig und schätze den Aufwand frühzeitig ab.
4) Man sollte nicht auf zu vielen Hochzeiten tanzen
Die Einführung eines neuen HR-Systems ist zeitaufwendig und ressourcenintensiv. Leider sind Mitarbeitende in den Fachabteilungen oft kaum von ihrem Tagesgeschäft zugunsten des Projekts entlastet. Manchmal laufen sogar mehrere Projekte parallel, weil beispielsweise das Funktionsmodell gleichzeitig überarbeitet wird.
Diese Mehrfachbelastung birgt die Gefahr, dass Projektbeteiligte ausbrennen. Es kommt nicht selten vor, dass Know-how-Träger:innen während oder kurz nach dem Projekt kündigen, was sich negativ auf die Verankerung des neuen Systems und der neuen Prozesse im Unternehmen auswirkt.
5) Die Macht oder Ohnmacht des Gewohnheitstiers
Viele Menschen mögen keine Veränderungen. Die Einführung eines neuen HR-Systems, oft in Kombination mit angepassten Prozessen, kann Unsicherheit auslösen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Aufgaben direkt nach dem Go Live mehr Zeit in Anspruch nehmen, da eine Eingewöhnungszeit notwendig ist.
Die Akzeptanz der Neuerungen wird gefährdet, wenn diese anfängliche Unsicherheit anhält und zu anhaltender Unzufriedenheit führt. Ein systematisches und umsichtiges Change Management ist deshalb ein kritischer Erfolgsfaktor, um die Neuerungen nachhaltig im Unternehmen zu verankern.
6) Die Welt nach Go Live nicht ausblenden
Irgendwann gehst du mit deinem neuen System live und irgendwann endet auch die Phase der intensiven Nachbetreuung durch den Implementierungspartner. Definiere bereits frühzeitig das zukünftige Betriebsmodell:
- Wer wird Key User im neuen System?
- An wen und wie sollen sich Mitarbeitende bei Fragen und Problemen wenden?
- Wer entscheidet über Neuerungen und Releases?
- Was wird die Rolle des Implementierungspartners in der Zukunft sein?
Diese Fragen solltest du frühzeitig klären, denn sie werden leider oft vernachlässigt oder nur unzureichend behandelt.
Fazit
Betrachte ein Digitalisierungsprojekt als Chance, dich von Altlasten zu befreien und so viel wie möglich zu standardisieren. Unterschätze jedoch nicht die Komplexität des Vorhabens und gib deinen Mitarbeitenden den notwendigen Freiraum, um das Projekt bewältigen zu können. Begleite sie und das Unternehmen durch den Veränderungsprozess – so steht einem erfolgreichen Digitalisierungsprojekt nichts im Wege.
Erfolgreich digitalisieren
Erfolgreich digitalisieren
Erfolgreich digitalisieren
Erfolgreich digitalisieren
Erfolgreich digitalisieren
Autor

Andreas Loser
Service Management
Seit über 10 Jahren schon ist Andreas Loser dabei, HR-Prozesse bei verschiedensten Kunden mit SAP SuccessFactors zu digitalisieren. Dies durfte er in verschiedenen Rollen bei unterschiedlichen Kunden, von KMUs bis internationalen Grossunternehmen, tun.