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"Workation"

Rechtliche Stolpersteine

"Workation"

Die Erfahrungen mit Corona haben gezeigt, dass die Arbeit nicht nur in den Büroräumlichkeiten des Arbeitgebenden erbracht werden kann, sondern in vielen Betrieben auch im Homeoffice. Die Möglichkeit von remote work möchten viele Arbeitnehmende nicht mehr missen. Im Gegenteil: Mittlerweile ist zu verzeichnen, dass viele Arbeitnehmende aus dem Ausland Arbeit erbringen (möchten) und die Arbeit mit Ferien verbinden wollen. Hier hat sich der Begriff «Workation» etabliert. Rechtlich gibt es dabei allerdings einiges zu beachten. Unsere Rechtsanwältin Leena Kriegers-Tejura zeigt auf, was es zu beachten gibt und gibt Tipps.

Von Leena Kriegers-Tejura

 

Begriff

Der Begriff «Workation» setzt sich aus den englischen Wörtern «work» und «vacation» zusammen und bezeichnet die Verschmelzung von Arbeit und Ferien. Die Idee ist, dass Mitarbeitende an einen Ferienort reisen und dort die Arbeit mit den Ferien kombinieren. Eigentlich ist diese Kunstfigur ein Widerspruch. Grundsätzlich sind Ferien zur Erholung da und es sollte nicht gearbeitet werden. Trotzdem scheint dieser Trend sich zu verbreiten. «Workation» tönt auf den ersten Blick sehr spannend und motivierend. Aus rechtlicher Sicht hingegen gibt es einige Punkte zu beachten, die nachfolgend kurz umschrieben werden.

Ferienbezug

Zunächst stellt sich die Frage, ob bei «Workation» Ferien bezogen werden oder nicht bzw. in welchem Umfang. Deshalb ist zu empfehlen, dass die Parteien eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag erstellen und klar regeln, in welchem Masse Ferien bezogen werden.

Arbeiten im Ausland

Gegenüber dem remote work in der Schweiz stellen sich bei der Arbeit im Ausland diverse weitergehende rechtliche Fragen. Ist nicht alles geklärt, kann «Workation» zu Risiken führen, die nachfolgend aufgezeigt werden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Ausländerrecht

Wenn Arbeitnehmende ins Ausland fahren, um Ferien zu machen, dort jedoch auch arbeiten, könnte das strafrechtliche Konsequenzen haben, insbesondere, wenn dies nicht in einem Einreiseformular so deklariert wurde. Viele Länder verlangen für die Arbeit im Ausland eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung oder ein Visum, vor allem für Aufenthalte von mehr als drei Monaten. Die Arbeitsbewilligung im Ausland kann – wie auch in der Schweiz – an Bedingungen geknüpft sein. Je nach Destination sind andere Rechtsgrundlagen zu prüfen, weshalb diese Abklärungen stattfinden sollten, wenn feststeht, in welchem Land «Workation» stattfinden soll. Den Arbeitgebenden wird empfohlen, diese Abklärungen seriös und vor Antritt von «Workation» zu machen, um nicht Gefahr zu laufen, dass anwendbare ausländerrechtliche Regelungen missachtet werden.

Arbeitsgesetz

Zu prüfen ist auch, ob im Ausland bestimmte arbeitsgesetzliche Vorschriften analog der Schweiz gelten, die zwingend einzuhalten sind (z.B. Regelungen zu Arbeits- und Ruhezeiten, Sonntagsarbeit, Verbot der Nachtarbeit, Pausen, Ferien- und Feiertage etc.). Das Schweizer Arbeitsgesetz ist nur auf dem Gebiet der Schweiz anwendbar, weshalb für die Arbeitnehmenden aus der Schweiz im Ausland nicht einfach auf das schweizerische Gesetz zurückgegriffen werden kann. Grundsätzlich ist man dem Recht des Staates unterstellt, wo man arbeitet. Arbeitsgesetzliche Bestimmungen – dabei geht es meistens um Arbeitszeit- und Gesundheitsvorschriften, die es auch im Ausland gibt – müssen daher beachtet werden. Auch die Einhaltung von Mindestlöhnen im Ausland ist einzuhalten, auch wenn anzunehmen ist, dass das Lohnniveau der Schweiz höher als in vielen ausländischen Staaten ist und dieser Punkt vermutlich nicht ins Gewicht fallen dürfte. Die Verletzung arbeitsgesetzlicher Vorschriften kann zu schwerwiegenden Sanktionen führen und ist daher im Vorfeld genauestens zu klären.

Sozialversicherungen

Arbeitet jemand im Ausland ist zu klären, ob und welche Sozialversicherungsabkommen bestehen und welche Regelungen diese vorsehen. Insbesondere ist zu prüfen, ob «Workation» zu einer Sozialversicherungsunterstellung im Ausland führt. Um herauszufinden, ob es solche Abkommen gibt, kann beim Bundesamt für Sozialversicherungen die Liste «Zwischenstaatliche Vereinbarungen der Schweiz über Soziale Sicherheit» konsultiert werden. Je nach dem, ob ein Abkommen besteht oder nicht, sind die Folgen unterschiedlich geregelt, weshalb es empfehlenswert ist, diese Abklärungen vor der Zusage zu «Workation» zu machen.

Arbeit im Ausland von maximal 20% eines Jahrespensums, ca. 10 Wochen im Jahr (Richtwert), wird aus sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten als unproblematisch angesehen. Sobald es mehr wird, sind die damit einhergehenden Verpflichtungen/Risiken zu prüfen.

Versicherungsschutz

Der Versicherungsschutz bei der gesetzlichen Krankenversicherung wie auch bei der obligatorischen Unfallversicherung ist im Ausland eingeschränkt. Auch hier sollte vorab geklärt werden, welche Risiken auf die Arbeitgebenden zukommen könnten, wenn Arbeitnehmende im Ausland erkranken und die Leistungen durch die Versicherungen nicht erbracht werden. Insbesondere wäre zu prüfen, wie der Zugang zur Gesundheitsversorgung für ausländische Mitarbeitende ist, wenn kein Notfall vorliegt und wie die Kostendeckung geregelt ist. Unter Umständen lassen sich diese Risiken mit Zusatzversicherungen lösen. Die wäre bei jeder einzelnen Versicherung abzuklären, weshalb im Rahmen dieses Artikels keine einheitliche Antwort präsentiert werden kann.

Steuerrecht

Hier steht die Problematik der «Betriebsstätte» im Vordergrund. Remote work aus dem Ausland kann dazu führen, dass eine ausländische Betriebsstätte des oder der Arbeitgebenden begründet wird. Dies wiederum führt zur Unternehmenssteuerpflicht im Ausland. Deshalb muss diese Frage sehr genau mit Steuerexperten im entsprechenden Ausland geklärt bzw. allfällige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) berücksichtigt werden. Sodann ist auf die 183-Tage Regel hinzuweisen. Bei einem Aufenthalt von mehr als 183 Tagen im Ausland kann eine «Lohnsteuerpflicht» gemäss einem anwendbaren DBA entstehen.

Datenschutz und -sicherheit

Selbstredend ist sicherzustellen, dass der Zugriff auf Geschäftsdaten nur befugten Personen möglich ist. Es muss zudem sichergestellt werden, dass die Daten vor Manipulation und technischen Defekten geschützt werden. Risiken bilden z.B. nicht gesicherte WLAN in Hotel- und Ferienanlagen. Auch die Nutzung von unbekannten Endgeräten (z.B. Hotelcomputer) kann zu Problemen führen.

Fazit

Wollen Arbeitgebende «Workation» erlauben, ist unbedingt zu empfehlen, die Arbeit im Ausland nur nach vorgängigen Abklärungen diverser rechtlicher Punkte zu bewilligen. Auch ist sicherzustellen, dass Arbeitnehmende nicht ohne Mitteilung remote working ins Ausland verlegen. Arbeit im Ausland für einzelne Tage sollte kein Problem darstellen. Sobald dies zur Routine wird und Arbeitgebende davon nichts wissen, gibt es Risiken, die es zu vermeiden gilt.

Möglich ist es, vorgängig Abklärungen zu treffen und «Workation» auf bestimmte Länder einzuschränken und insbesondere die Dauer im Jahr zu beschränken. Damit liessen sich wohl die meisten/viele Risiken vermeiden. Dann steht der Workation auch nichts mehr im Weg.

Autorin

LEGAL, HR CAMPUS

Leena Kriegers-Tejura

Rechtsanwältin und Partnerin bei Morad Bürgi & Partner, Fachanwältin SAV Arbeitsrecht sowie Teilzeit Legal Counsel bei HR Campus AG. Sie ist im Arbeitsrecht spezialisiert und ist Dozentin/Expertin bei verschiedenen Fachhochschulen, Höheren Fachschulen und Erwachsenenbildungsinstituten.

Publiziert am: 24. April 2023

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